RUNDE 9 , Abend 5 - 15.1.25 - STIL , FAZIT I
1 INTRO
Aktuell interessante Ausstellung noch bis 26.1.25: MATISSE
https://www.fondationbeyeler.ch/startseite
Kurzer Hinweis auf das Buch, das ich nächste Stunde dazu vorstellen will: Tanger sous la Pluie
2 GN VORGESTELLT:
David PRUDHOMME, Einmal durch den Louvre
Boris:
3 STIL HANS-JÜRGEN
(Meine subjektive Zusammenfassung:)
Hans-Jürgen steht stilistisch vor der Herausforderung, in seiner Graphic Novel über Mathematik in einem gewagten Spagat
- einerseits Wissensgehalte mit einer visuellen Sprache zu präsentieren, die für die Leser Verlässlichkeit bzw Vertrauen schaffend nicht so einfach zu verstehende Sachverhalte verständlich und klar illustireren.
- Andererseits steht er als Maler-Zeichner-Erzähler mit dem im Wortsinn "Spielraum" der künstlerischen Methoden in Literatur, Malerei und Zeichnung in einem dem "Alsob", der Spekulation, der Hypothese, ja auch dem Unmöglichen und Phantastischen zugeordneten Terrain.
Selbstverständnisse und "Regeln" beider Terrains können als inkompatibel empfunden werden. Da ist also der kritische Punkt, d.h. hier kann ein Problem bei der Rezeption entstehen - etwa: was ist hier wie gemeint, Info oder Gedankenspiel..?
Wissenschaft:
In der Wissenspräsentation ist methodisch alles nutzbar, was die veranschaulichende, erklärende oder aufklärende Infografik hergibt:
- von Leonardos Illustrationen von Maschinen, Bauten und Prozessen
- bis zu den sog "Enzyklopädisten" der frz. Aufklärung des 18.Jh - Diderot, D'Alembert, https://de.wikipedia.org/wiki/Encyclopédie_ou_Dictionnaire_raisonné_des_sciences,_des_arts_et_des_métiers -,
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Schaubild aus der Enzyklopädie zum Stammbaum des menschlichen Wissens - und zum ewigen "battle" von Raison und Imagination |
- über die Erfindung der Infografik, Spektrum der Wissenschaften: Erfindung der Infografik) , sowie
- die Arbeit Otto Neuraths im Wien der 20er Jahre ds 20.Jh: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Neurath, siehe auch https://www.welt.de/kultur/article168832620/Sprechen-Sie-Infografik.html
- Gerd Arntz war der Grafiker, der Neuraths Mitarbeiter war und als Erfinder des Piktogramms gilt, https://de.wikipedia.org/wiki/Gerd_Arntz
- Adrian Frutigers wichtiges Buch, Der Mensch und seine Zeichen (https://www.amazon.de/Mensch-seine-Zeichen-marixwissen/dp/386539907X) , in dem es zwar um die Grundlagen der Typographie geht, aber im interessanten Teil 2 die Verbindung von Gedanke/Sprache und Zeichen (Bildsprache und Bilder) behandelt wird,
- Powerpoint-Präsentationssymbole bis hin zu Sketchnoting (zB bikablo: "Visual Facilitation" )
Dieser Stil wäre also aus dem Pool dessen zu entwickeln, was die um die visuelle Erklärung von Sachverhalten bemühte Infografik seit dem 18.Jh hergibt!
Kunst:
Mit Hilfe von künstlerischen Arbeiten/Darstellungen in der Rahmengeschichte gilt es, Interesse zu wecken und den strategischen Gebrauch der "vorsätzlichen Unschärfe" der Methoden der Kunst zB in Malerei/Zeichnung/Grafik (bzw in unserem Fall auch der Literatur/Dichtung) zu nutzen.
Was sind die Werkzeuge/Methoden des Künstlerischen:
- Verbindung an sich unverbundener Wahrnehmungen (z.B.: "schau, meine Kohlelinie liegt auf dem Blatt wie ein Leib im Raum" - das ist die Abstraktion, Metapher und Wahrnehmungsverbindung, die zB eine Aktzeichnung vom Betrachter verlangt, der damit in den imaginären Raum der Möglichkeiten geführt wird...)
- Kunst als Parallelprozess zur Wirk-lichkeit, als Parallelweltschaffung durch Symbol, Metapher, Abstraktion, Verwesentlichung, also Mög-lichkeit
- nur in den Künsten zulässige Schlußverfahren poetischer "Sprünge": Assonanz, Konnotation, Gleichnis, Anspielung
- Irrationales, Imaginäres, Geträumtes, Ersponnenes, Unbeweisbares (wie zB die "Schönheit"...)
- Daraus "ernste Spiele", d.h. mit dem rätselhaften Phänomen der Erfindungskraft und Phantasie ein potentiell erhellendes, inspirierendes, Neugier weckendes "Möglichkeitsrauschen" erzeugen, das unsere scheinbar rationale, diskursive Weltkonstruktion um hypothetische, spekulative und rein imaginäre, aber dennoch oft erstaunlich wahrheitshaltige Qualitäten erweitern kann.
Was damit in den Künsten natürlich nicht hart Logisches, Diskursives und allgemein Überprüfbares erschafft, aber durch hellsichtige, wache Zeitgenossenschaft oft eher erfasst und zum Ausdruck bringt (also materialisiert), "was in der Luft liegt", die bestehenden Regeln zu erweitern oder transzendieren sucht und damit in seltenen Momenten der kulturellen Entwicklung in einer Art geistiger Mutation den Boden für neue Sichtweisen und damit Paradigmenwechsel begleitet, wenn nicht sogar schafft.
(Die Aufzählung der Werkzeuge, Mittel und Methoden der Künste ist hier nur mal gerade aus dem Ärmel geschüttelt, also durchaus noch komplexer und ein ganz subjektiver Versuch, die Rolle und Funktion der EINBILDUNGSKRAFT oder Kunst im Gegensatz zur Illustration von Sachverhalten zu umreissen. Gerade im Zusammenhang mit Hans-Jürgens Projekt kommt zum Vorschein, was es mit dem Selbstverständnis des Kunstmachens im Gegensatz zur Wissenschaft auf sich hat und wechselseitig in den entsprechenden Lagern auf Unverständnis für Gültigkeit der Methoden und Ziele stößt. Die Kunst ist für mich demnach keine empirische oder reine Wissenschaft und ebenso auch keine Religion, stellt mE aber einen gültigen eigenen, plausiblen, aber auch im Kern höchst subjektiven Zugang zur Welt dar.)
Mathematik:
Was für die Künste als Gegenstand oder Bereich der Geisteswissenschaft gilt, trifft in Teilen wohl auch für die Mathematik als Geisteswissenschaft zu und trifft damit den eigentlichen - induktiven - Kern des Metiers der Mathematik. Was ja oft im engen Verständnis von Mathematik als "Angewandter Mathematik" gerne vergessen wird, wenn sie als Hilfswissenschaft der Produktion von anfass- und handelbaren Dingen verstanden wird.
Der Stil wäre also davon geprägt, hier eine eigene Methode der künstlerischen Herangehensweise zu entwickeln, die zwar immer noch erzählend und gegenständlich illustrativ arbeitet, aber ggf. aus dem Fundus der seit dem 20.Jh theoretisch und praktisch verfügbaren Stilistiken von Impressionismus bis NeoGeo und darüber hinaus systematisch schöpft - ein weites Feld also...*
* was ich noch damit sagen will: Wenn man die Ismen der Avantgarden des 20.Jh nicht nur archivierend auflistet oder als erledigten historischen Fundus ablegt, sondern kritisch als eine relevante und lebende visuelle Bild-"Sprache" betrachtet, wird man feststellen, dass in den Erkundungen unbekannter Gelände der geistigen Vorhut (das ist nämlich der Wortsinn der Avant garde) absolut ernsthafte Projekte einzelner Künstler oder Künstlergruppen zum Ausdruck kommen, die Welt und was sie zusammenhält von einem anderen als der jeweiligen Zeit geläufigen konventionellen Punkt aus zu sehen und zu konstruieren. Diese Projekte waren und sind auch noch in der Gegenwart Versuche, der Erscheinungswelt Deutungen zu geben, die aus allen möglichen Axiomen heraus (physikalische, psychische, materialistische, spirituelle, politische, gesellschaftskritische uvam ) Positionen beziehen - was ein faszinierendes Tableau widerstreitender Sinnstiftungsversuche repräsentiert. Daran eine vermeintlich harte Wissenschaft zu reiben (wie es Hans-Jürgens Erzählung im Grunde versucht), lässt gewaltig Funken sprühen...
Oder maW: Kein leichtes Unterfangen - das uns alle, denen Mathematik ein "Böhmisches Dorf" ist, sehr gespannt macht...
4 STAND DER DINGE
Hans-Jürgen:
Carola:
Boris.
Christoph:
Siegfried:
Ein Blick auf meine aktuelle Auseinandersetzung mit STIL für meine GN (Freeform Tableau)5 STIL : FAZIT
- Was ist eure Vorgehensweise, was eure Erfahrung, welchen Weg habt ihr für euch herausgefunden?
- Ist die Idee eines Vorentwurfs mit Hilfe eines "StyleGuide" für euch irgendwie von Interesse und Praxis geworden?
- Lässt sich eure Art, an Bilder zu gehen und diese zu entwickeln, auf eine bestimmte Art erfassen und reproduzierbar machen? Ist das für euch irgendwie sinnvoll?
6 AUFGABE
- Fasst bitte eure Erfahrung in der Auseinandersetzung mit STIL (Methode(n), Herangehensweise, Werkzeuge, Vereinfachungen/"STILISIERUNGEN") zusammen und stellt in der abschließenden Stunde am Mi 29.1.25 in einer kleinen Präsentation (Infografik oder StyleGuide) euren Plan im Blick auf "STIL meiner GN" vor.
- Bitte denkt darüber nach, wie es in Runde 10 ab Februar weitergehen soll, welche Themen euch auf den Nägeln brennen, womit wir uns gemeinsam zu aller Nutzen befassen sollten. Postet bitte Vorschläge in WhatsApp so rechtzeitig, dass ich mich vorbereiten kann, macht ggf. per Link auf Website, Buchtipp, YouTube whatever aufmerksam, was euch jetzt wichtig ist. Danke auch...
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