Abend 5, Mittwoch 14.12.2022 : ART ( finally ;-)
1 Intro: Einwahl. Technisches. Fragen dazu?
Die für Mo 12.12.22 vorgesehene Veranstaltung des Avant Verlags in der Stadtbibliothek Stuttgart ist leider auf den März 2023 verschoben!
2 Eindrücke, Erfahrungen, Anregungen zur Aufgabe? Feedbacks der TN
3 Feedbacks zur Aufgabe:
- Kurzer Hinweis auf die Seite mit dem "AUFGABENPOOL" https://graphicnovelsmachen.blogspot.com/2022/11/aufgabenpool-inspirationen-ideen.html
und wie diese sinnvoll zu nutzen ist.
- Wer hat sich welche Aufgabe aus welchem Grund gewählt und hat welche Erfahrungen damit gemacht?
Link zur Aufgabenseite: https://graphicnovelsmachen.blogspot.com/2022/11/aufgaben-challenges.html
4 Vorstellung Graphic Novel:
Meine Absicht, euch heute diese beiden Autorinnen/Zeichnerinnen Marguerite Abouet und Pauline Stulin vorzustellen, kreist um die Erfahrungen des ALLTÄGLICHEN als Inspiration eurer Graphic Novels.
Dazu sende ich euch auch die Zusammenfassung in Kap.9 von Scott McCloud "Comics richtig lesen", die um eure Erfahrung eures eigenen Lebens und damit Standpunktes als Zeichner:innen kreist. Die pdf oder jpg gehen wieder per WhatsApp an euch.
Üblicherweise erachtet man seine eigene Existenz in ihren alltäglichen Banalitäten und Routinen nicht als erzählenswert oder mitteilbar. Handelt es sich allerdings wirklich dabei um ein "langweiliges Vorsichhingelebe" ohne Geschichte(n)...? Den Unterschied werden wir spätestens in Runde 3 unter die Lupe nehmen, wo es um Story-Plot-Text gehen wird.
Es liegt alles am Blickwinkel und am Kontext, wie man diese scheinbar banale Art von visuellem Bilderzählen erfährt. Der alltäglichste Alltag einer jungen Frau an einem Ort der Elfenbeinküste, von dem Marguerite Abouet mit Bildern und Texten erzählt, gibt aus unserem Blickwinkel einen spannenden Einblick in eine Realität, die uns unbekannt ist.
Mit dieser Voreinstellung nun sieht man die über 600 Seiten Bildgeschichte(n) von Pauline Stulin über das Leben einer jungen Frau heute in einem Darmstädter Stadtviertel plötzlich ganz anders...
In "Bei mir zu Hause" hat die Zeichnerin Pauline Stulin ihren Alltag tatsächlich entlang banalster Abläufe und Beobachtungen, überwiegend Selbstbeobachtungen, abgeklopft und auf seine Erzählbarkeit mit den Mitteln von Bild und Text überprüft.
Was für uns dabei herausspringt:
- Es geht. Und wenn es nur darum geht, Anregungen dafür zu finden, wie man damit anfangen kann, seine eigenen Eindrücke, Ansichten und Erfahrungen in Bildern zu kommunizieren und komponieren.
- Man findet hier etliche praktische Anregungen für die Umsetzung in Bildsequenzen, selbst wenn es nur darum geht, Pommes vor der Glotze sitzend zu essen, ein Getränk zu trinken, aus dem Fenster zu schauen usw - was es allerdings bedeutet, bleibt - auf der Folie der Geschichte aus Afrika allerdings interessant! - offen...
- Es handelt sich bei dieser GN von Pauline geradezu um die Illustration des Rates, sein visuelles Erzählen entlang einfachster Geschichten zu schulen und immer wieder neue Ansätze auszuprobieren, wie sequentielles Bilderzählen funktionieren kann.
- Wenn dann eines Tages die Story anruft - hat man sein Werkzeug parat und in der Hand! So geschah es übrigens wirklich Frau Stulin, als Doris Dörrie sie anrief und ihr die Graphic Novel parallel zum gerade entstehenden Film "Freibad" anbot...
- Es gibt allerdings auch ein paar Schwächen, aber...
Urteilt selbst, was für euch davon verwertbar ist für eure Methode.
AYA, Marguerite Abouet
Artikel in der frz. Zeitschrift "CAHIERS DE LA BD No20"- Ausgabe Oct/Dec 2022, S.98ff über sie.
Zeitschrift über BD in Frankreich:
Auch über Amazon erhältlich: https://www.amazon.de/s?k=Les+Cahiers+de+la+BD&__mk_de_DE=ÅMÅŽÕÑ&crid=RJAKH0LF42N5&sprefix=les+cahiers+de+la+bd%2Caps%2C69&ref=nb_sb_noss_2
Arbeitsweise, die vorgestellt wird. Geschichten aus dem wirklichen Leben und der wirklichen Erfahrung. Die stilistische Vielfalt und Kombination von konventionellem Zeichnen und Malen!
und
BEI MIR ZUHAUSE, Pauline Stulin
Pauline Stulin,
wg Doris Dörries Film "Freibad" und der besonderen Methode von Pauline Stulin, Alltäglichstes in den GN zu verarbeiten:
![]() |
Aktuellste Graphic Novel von Pauline Stulin zum Film von Doris Dörrie |
5 Verlag:
Jaja-Verlag, Berlin
6 ART
STIL - ART - MANIER
( METHODEN - MATERIALIEN - TECHNIKEN )
ART: Schöner Doppelsinn in der deutschen Sprache - heute geht es um STIL:
Persönlicher STIL (EigenART) versus ausgesuchter STIL ("Manier").
Wir üben es also in dieser Lektion, in einer uns nicht spontan vertrauten und sich nicht spontan aus unserer Laune oder dem Vermögen ergebenden eigenen Form zu gestalten, sondern ganz bewußt in einer sog. Manier , diesmal z.B. mit der Methode oder dem Stil eines anderen Zeichners/Malers - um den Phänomen des Stiles oder der Manier auf die Spur zu kommen.
"Stilisieren" ist eine häufig angewandte und verbreitete Form der Gestaltung im Design, bei dem jeder Äußerung ein detailliertes Konzept zur Konsistenz oder Gleichförmigkeit zu Grunde liegt. Das liegt zB daran, dass Designprodukte reproduziert werden und ggf. auch von anderer Hand oder Produktion entstehen müssen und trotzdem gleichförmig bleiben sollten (ja, gelegentlich auch auch in der Grafik bzw den Medien: Animation, Zeichentrickfilm zB).
Das muß nicht zwangsläufig so sein, aber ihr seht in der Graphic Novel oft ein von Grafiker:innen und Illustrator:innen durchdesigntes Produkt, das von der ersten bis zur letzten Seite meist einem klaren zeichnerischen/malerischen Konzept unterliegt.
Designkonzepte basieren auf einem sog. "Style-Guide", der jedes Gestaltungselement einer durchdachten und kohärenten Konzeption unterwirft:
Themen eines solchen Styleguides sind zB Farbskala, Typografie, Größenordnungen, Proportionen, Materialien, durchgängige Produktionstechniken bis hin zu einem System der Aufteilungen und Layout-Raster.
Wir werden uns in der Tiefe damit in einer kommenden Runde befassen, in der es um eure eigenen Konzepte und deren Kohärenz gehen wird.
In dieser Übung geht es aber erst einmal darum, sich überhaupt einmal ansatzweise mit dieser Idee eines STIL-Guides zu befassen und dessen Umsetzung skizzenhaft zu simulieren!
Ich werde euch in der letzen Stunde etliche Beispiele dieser Konzepte und deren Kohärenz demonstrieren, aber auch GN, die ganz bewußt den Zwang zur Gleichförmigkeit oder Konsistenz unterlaufen und gezielte Stilbrüche inszenieren!
"Style-Guides" - heute mal wörtlich genommen:
Die Wahl der Mittel, die Reduktion und Konzentration auf wenige prägnante Elemente, Werkzeuge und Ausdrucksmittel schaffen den Stil. Es wird angeregt, insbesondere in den Bildwelten und Techniken der Kunstgeschichte zu forschen, sich anregen zu lassen und mit den Möglichkeiten des gewählten Künstlers/Stils/Verfahrens zu arbeiten!
Sucht euch für die heutige Aufgabe einen "Style-Guide" aus der Kunst, der euch formale Hinweise für eure Gestaltungen borgen kann - den ihr nicht exakt kopieren müsst, aber von dem ihr diese und jene Methode, Figur, Farbbehandlung, Linienart "borgt" - frei nach Anneke: Schauen, Klauen, Besser Machen"
Ich zeige ein paar stilistisch auffallende Graphic Novels:
They Called Him Charles, Lanuszewski/Cialowicz: Plakatstil der 20er als flache Vektorzeichnungen
- Schuiten, Archivar : zeichnerisch durchgearbeitetes klassisches Illustratorenhandwerk
- TANZ 1, Mazars : Aquarelle
- The White Lady, Zuttion: Monochrome Lavage und Zeichnung
- The Zolas, Marcaggi/Chemama: Impressionistische Aquarelle
- Sin City, Frank Miller und Die Zeichnung, M.A.Matthieu: Extremes Schwarzweiß wie Holzschnitte
- Jane, McKenna/Perez: MIX !
- Degas and Cassatt, EFA/Rubio: Pastell
- Delacroix, Dumas/Meurisse: MIX mit Ausgangspunkt in der Manier Delacroixes
- Vann Nath, Mastragostino/Castaldi: Blei- und Farbstift, laviert
7 ABEND 5, Aufgabe(n): "ART"
Die heutige Aufgabe kreist um das Phänomen der Darstellung und Wahl der Mittel:
"ART" (oder: stilistische Gestaltung der Bilder)
Selbstverständlich sollt ihr in der folgenden Aufgabe unbedingt nicht auf ein "fertiges" Produkt oder eine perfekte Druckvorlage zielen, sondern euch mit Skribbeln, Andeuten, Flecken, Notizen, Material- und Texturproben erst einmal an das gestellte Thema herantasten - und damit sozusagen zwei Styleguides aus den Manieren eurer Style-Guides destillieren und über eure Sequenzen stülpen - auch wenns weh tut...
Seht die folgende Übung aber dann als Vorbereitung einer Aufgabe über die Weihnachtspause hin, bei der ihr eine Bildsequenz aus den unten entwickelten Stilen anfertigt!
PRAKTISCH:
- Nehmt entweder eine von euren bislang entstandenen Sequenzen, die aus min. 3 Panels- max. 9 Panels besteht, oder konzipiert eine passende neue Sequenz, die ihr aber dann zuerst in der euch eigenen Manier zeichnet.
Wichtig: Es soll in jedem Fall eine Version existieren, die ganz und gar euch entspricht - und gegen die ihr dann mit den von den Styleguides geborgten "stilisierten" Versionen vergleichen könnt.
- Zeichnet die Sequenz 2 X (!) mit ganz dünnem, kaum sichtbaren Bleistift noch einmal, ggf ändert ihr Größe, Position, Komposition jedes Panels in jeder neuen Fassung. Ihr habt 2 in etwa ähnliche Stories/Sequenzen/Bildfolgen
- Wählt aus der Kunstgeschichte 1 euch ganz nahe und 1 ganz ferne Position und versucht, das Aussehen der Panels mit den Stilistiken der ausgesuchten Künstler:innen zu gestalten. Macht jeweils eine Skizze einer Sequenz aus jedem gewählten Stil.
Ich war so frei, mir für jeden von euch als Beispiel eine Challenge auszudenken, bei der ich für jeden von euch jeweils das Werk zweier Künstler/Stile als Gestaltungsmöglichkeit vorschlage. Recherchiert zu den Künstlern/Stilen und wählt aus dem Werk 1,2 griffige Positionen/Merkmale, die ihr in der Sequenz anspielt.
Über diese vorläufigen Ausgangspunkte können wir heute diskutieren, bzw. sucht euch selbst 2 prägnante, unbedingt gegensätzliche Styleguides:
Carola: Frans Masereel / Hannah Höch
Traudel: Raoul Dufy / Francis Picabia
Hans-Jürgen: Alfred Kubin / Pierre Bonnard
Boris: Wilhelm Leibl / Cy Twombly
Noura: Dubuffet / Braque (Kubismus) oder Schiele/Kandinsky
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